229 Gut und Böse im Herrn der Ringe

Tolkien zeigt uns im Herrn der Ringe sehr überraschend, dass das böse Wesen an sich, der Ork gar nicht böse ist.

Nicht nur eine gute Geschichte, das Erfinden eines ganz neuen Genres (der Fantasy) machen ein Buch groß. Es sind die tiefen Einsichten, die in einer bronzezeitlichen Welt wie Mittelerde gelten, aber ebenso auch in unserer heutigen Welt ganz genauso, die ein Buch wie den Herrn der Ringe zu etwas ganz besonderem machen. Prof. John Tolkien hat sich nicht nur eine alternative Welt erdacht, in der sich seine Erlebnisse in dieser Welt auf eine höchst transzendente, verarbeitete und durchdachte Weise wiederfinden, er gibt uns auch einen Leitfaden, eine elaborierte Diskussion von Moral und Schwäche, von Vorbild und Abscheulichkeit, von Schönheit und Verlust, von Disziplin und Toleranz, letztlich: von Weisheit –  und das auf höchstem Niveau. Und zeigt sich: alte Tugenden und Werte sind durch nichts zu ersetzen. Bemerkenswert, dass dieses Buch zum Heiligen Buch ausgerechnet der Hippie-Bewegung wurde. Aber vielleicht wiederum auch nicht.

Relativ spät in der Geschichte, nachdem die Orks als die Böse Brut und die Feinde alles Schönen und Guten längst etabliert sind, belauscht Sam (einer der Hauptfiguren und ein Kommentator der Geschichte) einige Gespräche der Orks und gewinnt dabei etwas ‚persönlichere‘ Einblicke in deren Denkweisen.

Und darin zeigt sich, dass Orks gar nicht per se böse sind. Soll heißen, Sie erfreuen sich nicht an der Zerstörung, sie sind nicht überzeugt davon, dass ihr zerstörerisches Tun das einzige richtige ist. Im Gegenteil.

Was sie beherrscht, ist gar nicht der Wille zum Bösen. Was sie beherrscht ist die Angst vor ihrem Anführer. Sauron. Und ein profunder Mangel, ihm eine bessere Überzeugung entgegenzusetzen. Sie sind letztlich nicht böse, sondern nur schwache Opportunisten.

Das bedeutet, sie sind nicht im Kern böse, das Böse ist nicht ihr Antrieb, sondern sie sind im Kern schwach und ängstlich. Das treibt sie an. Resp. daher werden sie von außen und nicht aus sich heraus angetrieben.

Ihr Kampf gegen – wen auch immer – ist letztlich eine Flucht. Eine Flucht vor ihrem gewalttätigen Anführer, der sie mit Angst vor sich her treibt. Sie haben nur einfach vor ihrem Feind, den Elben und Menschen, weniger Angst als vor ihrem Anführer. Zu dem empfinden die Orks durch eine natürliche Gegebenheit die Elben als grelles unangenehmes blendendes Licht.

Die Bösen sind also gar nicht im Kern böse. Eigentlich sind nur die bösen Anführer das Böse schlechthin. Und diese Analyse ist bestechend. Denn ist es in der realen Welt der Menschen wirklich anders?

Die mit Abstand meisten Missetäter dieser Welt…

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