30 Die heiligen drei Könige

Drei heilige Könige – drei Worte drei Lügen. Ein Märchen.

Das ist die nackte Wahrheit der Fakten. Doch manche Menschen, denen solche Wahrheiten nicht in ihr Konzept vom Leben, der Welt, von Freund und Feind passen wollen, wollen mir beständig einreden, die Wahrheit sei ja rein subjektiv, alles sei nur ‚Meinung‘, niemand wisse etwas, weswegen auch niemand etwas anerkennen müsse, wenn er nicht will, denn alles sei nur ‚eine Frage der Sichtweise‘ und damit nicht zwingend, sondern Meinung.

Die Wahrheit also im Kern eine bloß demokratische Variable? Je mehr Leute etwas glauben umso mehr wird es wahr, je weniger umso weniger? Und in diesem Sinne würde vieles wahr, wenn sich nur genügend Dum…, also viele Leute finden, denen man es glaubhaft machen kann.

Doch diese Herangehensweise macht in einem Zusammenhang Sinn: sie ist dann korrekt, will man den Begriff der Wahrheit als soziologischen Faktor untersuchen! Hier spielt bei Spielchen um Anerkennung von Personen und Aufmerksamkeit sicherlich eine Rolle, wer alles eine Aussage, die getroffen wird als ‚wahr‘ anerkennt.

Doch ich bin kein Sozialwissenschaftler! Ich halte diese Wahrheitsdefinition für nur eingeschränkt gültig, nur für den genannten Anwendungszweck und für die Frage nach objektiven Wahrheiten für ungeeignet und fatal falsch. Wer diesen Wahrheitsbegriff als einen allgemein gültigen und grundlegenden propagiert handelt grob fahrlässig an am grundsätzlichen Willen und der Fähigkeit der Menschen sich mit Wissen und Wahrheit in einer konstruktiven Weise auseinanderzusetzen, statt sie als Verschiebemasse von Launen und Tagesform einer repräsentativen Menschenmenge hinzustellen. So als wäre die Wahl zum Bundeskanzler gleichbedeutend mit der Wahrheit, wer die beste und intelligenteste Politik für das Land zu machen imstande ist. De Facto wird hier nicht immer Kongruenz gefunden.

Man darf diesen eingeschränkten Wahrheitsbegriff (von denen es noch weitere gibt) keinesfalls mit dem ihm übergeordneten und viel weitreichenderen uneingeschränkten Wahrheitsbegriff der Naturwissenschaften verwechseln. Denn jener ultra-tolerante Wahrheitsbegriff ignoriert, dass die Wahrheit allem voran gar kein soziologisches Phänomen ist, sondern im Gegenteil sogar insbesondere intersubjektiven Charakter hat, also die Wahrheit etwas ist, das zwischen den Menschen, für jeden von ihnen in gleicher Weise erkennbar und auch sogar unabhängig von diesen existiert und besteht. Wenn wir von wirklichen Wahrheiten sprechen, sprechen wir von Aussagen, die jedem, zu jeder Zeit und an jedem Ort freistehen sie nachzuprüfen. Hier tritt dann die Wahrheit zutage und Unsicherheit und Vielleicht wandelt sich in Wissen. In diesem Moment bricht die Hybridstruktur aus Wahrheitswerten zusammen wie eine quantenmechanische Wellenfunktion und übrig bleibt nur eines: wahr oder falsch und ganz sicher ist dies dann kein Umfrageergebnis.

Dass eins und eins zwei ergibt ist keine Frage von Meinungen, Diskussiosgruppen und Mehrheiten. Dass die Erde Rund ist und nicht flach, dass Menschen ohne eine Leber sterben, dass die Sonne heller ist als der Mond, all das ist für jeden aus erster Hand erfahrbar und keine Frage der Mehrheitsmeinung in einer Gruppe. Jeder, der Behauptet ‚Wahrheit‘ sei eine Frage der Sichtweise und immer subjektiv kennt vielleicht nicht so schrecklich viele Wahrheiten und will sein Unwissen auf diese Weise relativieren.

Die Wahrheit existiert. Dass ich existiere ist wahr. Und das wird nicht wahrer je mehr Menschen es bestätigen oder falsch, wenn nur hinreichend viele es bestreiten. Ich falle nicht tot um, nur weil eine hinreichende Menge an Menschen behauptet, dass ich nicht lebe. Die Wahrheit ist jederzeit nachprüfbar. Und das gilt auch für vergangenes.

## Ortswechsel

Der Dom zu Köln, vielfach legendär. Legendär wegen der Fotos der Stadt Köln vom Juni 45: alles zerbombt, kein Haus steht mehr, das Flächenbombardement der freundlichen Alliierten, also besonders der britischen und amerikanischen Bomberstaffeln, hat die Stadt dem Erdboden gleichgemacht.

Den Bombenholocaust am deutschen Volk überstanden liegt auch Köln in Trümmern, Straßsenzüge mutierten zu Schutthaufen, ganze Stadtteile sind zu unbewohnbaren Feldern aus Steinbrocken und Asche geworden.

Nur ein Bauwerk erhebt sich noch immer mit alter gotischer Eleganz: der Dom. Unbeschädigt, was er nicht war, doch man sieht die Schäden nicht, und immerhin in seiner tragenden Struktur tatsächlich kaum beeinträchtigt. Die beiden Türme stehen wie Trutzburgen, das Schiff ist intakt, sogar das Dach wirkt völlig unbeschädigt. Eine feste Burg ist unser Gott. Was wäre in diesen Tagen der Endzeit, der Zerstörung, eine bessere Werbeveranstaltung für Beständigkeit in fürchterlichsten Zeiten gewesen, für Dauerhaftigkeit und Überwindung von Leid und Tot, für Hoffnung gewesen! Das hätte kein Werbeplakat gekonnt, diese ‚Hurra wir leben noch (einige wenigstens)‘, das diese beiden gotischen Kirchtürme zu Ausdruck brachten.

Der Dom zu Köln ist nicht nur deshalb etwas besonderes. Er ist der größte Kirchenbau Europas abgesehen von Sankt Peter im Vatikan. Er hat, wo andere Bauten im 11. Jahrhundert geplant und mal im 13. Jahrh. fertiggestellt wurden tatsächlich über 600 Jahre Bauzeit erfordert. Und er trägt eine weitere Besonderheit: Seine Kuppel über dem Allerheiligsten, dem Altar, trägt kein Kreuz, wie ausnahmslos alle anderen Kirchenbauten! Sie trägt einen Stern, und das kam so:

Es begab sich also zu der Zeit, wie wir alle wissen. Eine von der Obrigkeit angeordnete Volkszählung soll zu einer wahren Völkerwanderung in der römischen Provinz Judaea geführt haben. Und da in alten Zeiten ohne EDV und ordentlicher Bürokratie Jeder seiner Herkunft zugeordnet werden sollte und daher sich der Einfachheit dort sich ’schätzen‘ (wie Luther übersetzt) lassen sollte, wo er geboren war, war alle Welt, nun, wenigstens Judaea auf der Wanderschaft zu ihren Heimatorten.

Warum nun die hochschwangere Maria und ihr angetrauter, der Tischler Josef dann beide zusammen nach Nazareth zogen, anstatt jeder von ihnen in seinen eigenen Geburtsort, das ist ebenso unlogisch, wie der Rest der Story. Vielleicht wurden nur Männer gezählt, das würde der Geisteswelt der Zeit und erst recht der Gegend entsprechen. Vielleicht kamen sie auch tatsächlich beide ursprünglich aus Nazareth, man weiß das nicht.

Jedenfalls war man also dort aber seltsamerweise in der Fremde und wurde, einer hochschwangeren Frau angemessen untergebracht, in einem Stall, angeblich wenigstens. Es ist zwar nicht einsehbar, weshalb angesichts der damals üblichen Großfamilien dann keiner der beiden dort noch irgendwelche Verwandten gehabt haben sollte, bei denen man übernachten hätte können, aber bitte, so sei es.
Denn es kommt noch viel besser.

Als die jungfräuliche Mutter also darniederkam und ihren Sohnemann gebahr, da kamen Drei. Heilige. Könige. wie aus dem Nichts daher um dem leicht unterpriveligiert untergebrachten Säugling Geschenke zu bringen – was sonst. Als Präsente bringen sie – äußerst kindgerecht – Gold, der junge Mann soll ja nicht arm ins Leben starten müssen, alternativ wäre denn auch ein Vermögenssparbuch von der Sparkasse ein lohnendes Mitbringsel aus dem Morgenland gewesen. Desweiteren Weihrauch – was die Drei leicht wegen illegalen Drogenbesitzes in einen römischen Kerker hätte bringen können. Und zu guter Letzt: Myrrhe – ein Baumharz von dem keiner so recht weiß wozu es eigentlich gut sein soll, und noch weniger, was ein Säugling – Messias hin oder her – damit soll, außer dass das Wort irgendwie unheimlich magisch klingt.
Noch ein absurdes Detail: Sogar die Namen der drei aristokratischen Wanderer sind amüsanterweise noch überliefert. Sie sollen Kaspar, ein typisch orientalischer Name, Melchior, nicht besser und der Dritte Balthasar geheißen haben, das ist bis heute belegt. Aha. Das Königstrippel als Duzkumpels.

Nur um das nicht im falschen Kontext zu sehen: nicht überliefert ist, in welchem Lande sie als Könige untergebracht waren, das natürlich nicht. Woher sie also wirklich gekommen sein sollen, also Geographisch verwertbareres als das schaurig-schön klingende Morgenland, das auch ‚hinter den sieben Bergen bei den Sieben Zwergen‘ sein könnte, wird nicht angeboten, ebenso wenig wie der weitere Verbleib der drei Herrschaften, worauf wir noch detailierter zu sprechen kommen werden.

Es gibt ansich nur zwei Varianten was die drei Staatenlenker nach der weihnachtlichen Geschenkeübergabe gemacht haben: erstens, jeder kehrt in sein Königreich zurück, was angesichts dort in der Regel wartender Aufgaben und Verantwortung das Naheliegendste wäre. Zweite Variante, die Herrschaften verweilen noch in Betlehem und fördern und protegieren dort ihren infanten Messias, kommen aber in der Bibel nicht mehr gesondert vor – unplausibel. Kann auch sein, sie bleiben dort, jedoch ohne jeden weiteren Bezug zu ihrem Messias für den sie Gold, Weihrauch und Mhyrre quer durch die Wüste geschleppt haben, vielleicht um Staats- oder andere Geschäfte abzwickeln – denkbar. Doch auch in diesem Fall wird das ja wohl kaum bis an ihr Lebensende gedauert haben. Weshalb das von Bedeutung ist, darauf komme ich noch zurück.
Bleiben wir einen Moment bei jenem weihnachtlichen Geschenkebesuch im Stall, von dem zum Glück nur die Schenkerei als Ritual bis heute überlebt hat.

Jeder der Drei Könige bringt also dem Knirps sein Mitbringsel dar und dann lassen sie noch die Story ab, sie wären einem Stern gefolgt, der sie zu dem Messias, dem neuen König, geführt hätte.

Seither versuchen Generationen von Sternkuckern, Astronomen und besonders Kometenforschern die heilige Besuchszeit anhand wiederkehrender langperiodischer Kometen genau zu datieren. Gerne wird der Hallaysche Komet (benannt nach seinem Entdecker Edmund Hallay) aufgrund seiner stabilen 79 Jahre währenden Umläufe um die Sonne dafür in Betracht gezogen. Doch alle bekannten Kometen waren nicht um das nach Geburt des Knirpses definierte Jahr Null in Erdnähe und damit sichtbar unterwegs, sondern immer ein paar Jahre davor oder danach. Aber andererseits mag es sein, dass die Jahr Null Festlegung auch etwas waghalsig ist, denn auch wenn die Gold-Weihrauch-Mhyrre-Typen sich tatsächlich zur Geburt eingefunden haben hätten, so ist doch die Bedeutung des Nazarener Aufrührers erst Dutzende Jahre später etwas breiter geworden, und erst hunderte Jahre später auf Kirchenkonzilen zu der Story festgeklopft worden, mit der man heute als pure Wahrheit hausieren geht. Und der Schenkungsbesuch im Kuhstall erscheint doch als eine arge Farce, bei Licht betrachtet. Andererseits aber auch wieder nicht wilder als der Wasser-zu-Wein-Trick oder der übers-Wasser-geh-Stunt.

Diese Herrschaften aus dem Morgenland suchen also als Könige – man muss sich einmal die absurde Vorstellung klarmachen, dass drei Typen in farbigen Bettlaken mit Krönlein auf dem Haupte allein zu drittens durch den Wüstensand daherstapfen und unter ihnen auch noch ein Schwarzer ist. Da drängt sich dem aufmerksamen Leser doch die Frage auf, warum eigentlich einer der beiden Weißhäute kein Asiate gewesen sein soll? Oder ist dieses feine Detail der Augenform im Dunkel der Geschichte hängengeblieben? Denn wäre es so, dann machte die Zahl Drei wenigstens einen Sinn, als Vertreter aller drei damals bekannten Rassen, der Weißen, der Schwarzen und der Asiatischen. Aber so? So erscheint Melchior wie der politisch korrekte Quotenneger, so, als wollte man es sich von Anfang an nicht mit dem schwarzen Kontinent verscherzen. Außerdem hatte auch in der damaligen Zeit so ein Mohr einen gehörigen Exotik-Appeal, will sagen, wenn sogar die Schwarzen aus dem tiefen Süden angekommen sind um das Kindlein zu preisen, dann muss das schon was sein – so ganz ohne Linienflug von Mogadishu nach Betlehem.
Aber um es noch einmal ganz klar zu sagen: Könige, wie etwa die Herodes-Dynastie in Judaea, wie die in Ägypten bis in diese Zeit herrschenden Ptolemaeer, waren damals wie heute Realpolitiker, Staatenlenker, Machtmenschen, keine Spinner oder Propheten, die einem Stern folgend Weihrauch und Myrre und schon gar kein Gold durch die Wüste tragen.

Noch so eine Sache: wie sind sie überhaupt auf die Idee gekommen ausgerechnet dieser Stern führte sie zu ihrem neuen Messias? Wo doch genau die erwähnten astronomischen Berechnungen ergeben haben, dass damals wie heute immer wieder auffällige Sterne am Himmel erschienen sind und erscheinen, seien es nun Kometen oder, ebenso denkbar, Supernovae. Neue Sterne waren und sind zwar selten aber nicht singulär!

Noch ein Detail: sie kamen zwar aus dem Morgenland, aber einer war schwarz. Nun liegt die Heimat der Schwarzen nicht gerade im Morgenland. Und wenn im Morgenland Schwarze anzutreffen sind oder damals waren, waren sie in den seltensten Fällen ausgerechnet Könige, eher schon am anderen Ende der sozialen Skala.

Damit ergibt sich aber ein weiteres Folgeproblem: König-reiche haben in aller Regel eine Ausdehnung von wenigstens einigen Dutzend Kilometern, wenn der Messias etwas auf sich hielt, wenigstens ein paar hundert Kilometer. Wenn aber die Morgenländer eben aus dem Morgenland kamen, also von Osten, dort wo der Morgen herkommt, also die Sonne aufgeht, kam mindestens der aristokratische Mohr aber aus einer anderen Richtung, der nämlich beinahe zwingend aus Süden, sagen wir aus Ostafrika, man unterhielt damals durchaus signifikante wirtschaftliche Kontakte bis nach Nubien, dem heutigen Äthiopien. Nun gibt es aber ein Problem: um von Nubien aus nach Betlehem zu kommen führt der Weg beinahe direkt nach Norden. Die Morgenländer kommen aber entweder direkt aus dem Osten (Jordanien, Irak, Persien) oder aus dem Südosten (Arabische Halbinsel). Folgen nun beide demselben Stern am Himmel kommen sie nie und nimmer am selben Ort an. Denn der Stern oder Komet hängt ja nicht – wie man sich das primitiv im Mittelalter vielleicht vorstellte und an das doofe Volk verkaufen konnte – wie ein Lampion über dem Ort, dass man aus allen Richtungen einen Wegweiser hat! Ein derartiges astronomisches Objekt steht im Falle eines Kometen mindestens hunderttausende von Kilometer über der Erde, im Falle einer Supernova ist es Teil des Fixsternhimmels. Damit steht es nicht nur für jeden Beobachter an derselben Stelle am Himmel, also im Osten oder Westen, aber nie für zwei Beobachter in verschiedenen Himmelsrichtungen am Himmel, und noch schlimmer, da der Fixsternhimmel sich beständig um einen Punkt am nördlichen Himmel in der Nähe des sogenannten Polarsterns dreht, der damit wiederum der einzige und höchst unbesondere Stern am irdischen Fixsternhimmel ist, wandert dieser imaginäre Leitstern aufgrund der Erdrotation Nacht für Nacht von Ost nach West um dort unterzugehen. Wären die drei Heiligen einem solchen Stern gefolgt, wären sie herzlich im Kreis gelaufen. Es sei denn, sie wären dem Polarstern gefolgt, was damals ein so wichtiges astronomisches Objekt war, dass auch die Pyramiden bereits Nord-Süd ausgerichtet wurden. Doch dann wären wie gesagt, mindestens der Mohr und die beiden Araber niemals am selben Ort angekommen. Alles sehr dürftig.

Doch von allen ketzerischen Fragen am wildesten: In Wahrheit war doch nicht etwa die ganze Welt auf der Suche nach einem Messias! Ansich doch nur ein paar Bettlaken tragende Juden, nicht die Römer, nicht die Ägypter, kaum wohl die Syrer, die Perser und sonstiges Volk in der Nachbarschaft. Wie aber sollten dann Könige von weit her überhaupt diesen Messias suchen, wo diese ganze Erlöserhysterie eine sehr lokal jüdische Nummer war?

Wir stellen fest: Die ganze Idee ist doch sehr auf Kindergartenniveau. Drei Könige folgen einem Stern, finden den Messias und machen Geschenke – und verschwinden anschließend, wie sie gekommen sind: unerklärlich im Nirvana.

Doch wem das an Drehbuchmängeln noch nicht genug ist, für den kommt nun das Beste:
Ausgerechnet eine Frau hat nun im frühen Mittelalter angeblich die sterblichen Überreste der Drei Sternwanderer aufgetan und als Reliquien nach Europa gebracht. Das war ja kaum mehr als gute 600 Jahre nach dem kurzen Gastspiel der Drei am Weihnachtsabend im Jahre Null. Völlig glaubwürdig, dass sie da einen (oder eben Drei) Volltreffer gelandet hat! Zwar wusste keiner woher die Knaben aus dem Krippenspiel kamen, sonst hätte die sonst so Detailversessene Bibel das ja wohl zu berichten gewusst, auch wird mit keinem Wort erwähnt, wohin sie sich verzogen, nachdem sie ihre Weihnachtsgeschenke abgeliefert hatten, aber diese offenbar knallhart recherchierende Dame hat es dennoch geschafft dero Dreier Knochen noch einmal zusammenzusammeln. Denn wie bereits angedeutet, wie es sich für ordentliche Könige gehört, sind die Drei ja wohl kaum in ihre Königs-WG im Morgenland nebeneinander gestorben und beerdigt worden, sondern wohl eher in ihren drei Königreichen weit voneinander entfernt.
Wie will sie das angestellt haben? Wahrscheinlich hat sie einfach nachgefragt, welcher der Könige in der Nachbarschaft vor einem halben Jahrtausend einmal kurz mit Gold, Myrre oder Weihrauch für ein paar Wochen ausgebüchst war und mit verklärtem Antlitz zurück kam. Dann hat sie wahrscheinlich nach seinem Grab geffragt und flux den Inhalt mitgehen lassen – oder wie?

Und das zu einer Zeit in der der Handel mit Knochen von Johannes und sonstwem derart blühte, das nach heutiger Reliquienzählung diese Herrschaften über mehrer Dutzend Finger, Beine, Zähne und anderen Tand zu Lebzeiten verfügt haben müssten. Ein regelrechtes Ersatzteillager.

Und Nün kommts: Der Dom zu Köln. Hierher wurden dann im Hochmittelalter die Knochen von Kaspar, Melchior und Balthasar verfrachtet und hier liegen sie bis heute – was mutmaßlich der einzig glaubwürdige Part der Geschichte sein dürfte. Und genau deswegen, wegen ihrer prominenten Liegenschaften, ziert das Hauptschiff eben der Stern von Betlehem und nicht das Kreuz. Zu ehren der Entdecker und ersten Gratulanten des Messias.

Ob also nun tatsächlich am Weihnachtsabend des Jahres Null Drei Heilige Könige in einem Stall in Betlehem Geschenke verteilt haben, ob dies die Wahrheit ist, bemisst sich nach dem Wahrheitsbegriff, den man für den angemessenen zu halten gedenkt.
Verwendet man das ‚demokratische Wahrheitsprinzip‘ ist die Geschichte wahr, denn eine ungeheuere Mehrzahl von mehreren Hundert Millionen Gläubigen will diese Geschichte für wahr halten.

Doch wie schon Einstein sagte: wäre Kritik und Zweifel an seiner Theorie berechtigt, genügt bereits ein Zweifler. Und diesem Wahrheitsbegriff, dem objektiven, wird diese Geschichte der aus dem Nichts erscheinenden Heiligen Könige nicht gerecht. Egal, wieviele Dummköpfe sie glauben wollen, wenn sie so nicht passiert ist – und alles spricht genau da für – so bleibt sie ein Märchen. Diesen Wahrheitsbegriff und diese zugegeben unromantische Schlussfolgerung ziehe ich vor. Denn mir ist eine unerfreuliche Wahrheit lieber als eine schöne Lüge. Denn die Wahrheit hat den unzweifelhaften Vorteil, dass sie eine Aussage über die Welt trifft in der wir leben und an der wir uns orientieren müssen. Der andere Wahrheitsbegriff ist überzogen menschelnd und ist letztlich lediglich daran orientiert was Menschen wollen. Eine intersubjektiv weiterführende Information, außer vielleicht, dass Menschen sich für keine Dummheit zu schade sind, ist darin nicht enthalten. Was soll so eine Wahrheit nützen, außer dem, der die Lüge gestreut hat?

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